Die Gesundheit der Schweizer Busfahrer/innen zwischen 2010 und 2022
Möchten Sie wissen, wie sich die Gesundheit von Busfahrern und -fahrerinnen in den letzten Jahren entwickelt hat? Entdecken Sie die wichtigsten Ergebnisse einer Studie, die ihren Gesundheitszustand und ihre Arbeitsbedingungen in den Jahren 2010 und 2022 vergleicht.
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1. Was ist das Thema dieser Studie?
Diese Studie befasst sich mit der Gesundheit von Busfahrern und -fahrerinnen, ihren Arbeitsbedingungen und deren Entwicklung zwischen 2010 und 2022.
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2. Warum wurde diese Bevölkerungsgruppe ausgewählt?
Im Jahr 2019 entdeckten die Wissenschaftler von Unisanté in einer Studie über Lungenkrebs nach Berufen in der Schweiz, dass Busfahrer und -fahrerinnen häufiger an diesem Krebs sterben als andere Berufsgruppen. Eine weitere Forschung zeigte auch eine höhere Suizidrate bei Beschäftigten im öffentlichen Verkehr. Die Wissenschaftler wussten jedoch nicht, warum, da keine Informationen über die Arbeitsbedingungen von Busfahrern und -fahrerinnen vorlagen. Die wenigen in der Schweiz durchgeführten Studien über Busfahrer und -fahrerinnen haben die Arbeitsbedingungen und beruflichen Risiken in diesem Beruf kaum oder gar nicht beschrieben, obwohl diese ein Schlüsselfaktor für das Verständnis des Zusammenhangs mit ihrer Gesundheit sind.
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3. Wie lässt sich die geringe Anzahl an Studien zu diesem Thema erklären?
Zunächst muss man wissen, dass es in der Schweiz nur wenige wissenschaftliche Studien gibt, die sich spezifisch auf bestimmte Berufsgruppen konzentrieren. Die meisten Forschungsergebnisse beziehen sich auf die allgemeine Bevölkerung. Untersuchungen zur Gesundheit von Arbeitnehmern sind schwer zu finanzieren und durchzuführen; Unternehmen sind in der Regel schwer in diese Forschungsarbeiten einzubinden. Das erklärt, warum bestehende Studien hauptsächlich von Gewerkschaften durchgeführt werden.
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4. Was ist das Ziel dieser Studie?
Das Hauptziel war es, den Gesundheitszustand von Busfahrern und -fahrerinnen durch die Analyse der Antworten auf einen anonymen Online-Fragebogen zu ermitteln und gleichzeitig mehr Informationen über ihre Arbeitsbedingungen zu sammeln. Wir wollten auch die Entwicklung von Gesundheitsproblemen und Arbeitsbedingungen dieser Berufsgruppe zwischen 2010 und 2022 analysieren.
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5. Wie sind Sie bei der Durchführung dieser Studie und der Erzielung Ihrer Ergebnisse vorgegangen?
Diese Studie wurde in Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften durchgeführt, die den Online-Fragebogen an ihre Mitglieder weitergeleitet haben, um die gesamte Schweiz abzudecken. Der SEV hatte diesen Fragebogen bereits 2010 und 2018 durchgeführt. Wir haben ihn übernommen und einige Fragen zum Thema Covid-19 hinzugefügt, um zusätzliche Informationen zu erhalten, da wir uns 2022 gerade aus der Krise herausbewegt hatten.
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6. Was kam dabei heraus und wie interpretieren Sie das?
Es stellte sich heraus, dass viele Busfahrer und -fahrerinnen in der Schweiz gesundheitliche Probleme haben. Sie leiden hauptsächlich an Muskel-Skelett-Beschwerden, die das Hauptgesundheitsproblem in diesem Beruf darstellen. Tatsächlich gaben 77 % der Teilnehmenden an, mindestens eine dieser Beschwerden zu haben, wobei die häufigsten Schulterschmerzen oder Nackenbeschwerden sowie Rückenschmerzen sind. Ein weiteres von mehr als der Hälfte der Befragten berichtetes Gesundheitsproblem ist ungewöhnliche Müdigkeit.
In Bezug auf die Entwicklung der Gesundheitsprobleme zeigt die Studie, dass Nacken- und Schulterschmerzen seit 2010 zugenommen haben, ebenso wie Schlafstörungen, Unfälle und Krankheitsausfälle.
Schließlich sind in Bezug auf die Arbeitsbedingungen die meisten Befragten der Meinung, dass sich diese verschlechtert haben. Die schwierigsten Aspekte sind laut ihnen Arbeitstage von mehr als 10 Stunden, das Verhalten der Radfahrer auf der Straße und der Mangel an Zugang zu Toiletten.
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7. Welche Schlussfolgerung haben Sie daraus gezogen?
Wir stellen fest, dass der Gesundheitszustand vieler Busfahrer und -fahrerinnen nicht zufriedenstellend ist, uns jedoch Informationen fehlen, um die genauen Ursachen zu verstehen. Die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen, die parallel zu dem Anstieg der Zahl der Beschäftigten mit gesundheitlichen Problemen verläuft, deutet auf einen möglichen Zusammenhang zwischen den beiden hin. Allerdings lässt sich mit dieser Art von Studie – einem Schnappschuss einer kleinen Gruppe von gewerkschaftlich organisierten Busfahrern und -fahrerinnen – dieser Zusammenhang nicht mit Sicherheit nachweisen.
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8. Was sind die Stärken und Grenzen dieser Studie?
Eine Stärke dieser Studie liegt darin, dass sie dreimal durchgeführt wurde: 2010, 2018 und 2022. Dies bietet drei Vergleichspunkte, um die Entwicklung der Gesundheit von Busfahrern und -fahrerinnen sowie ihrer Arbeitsbedingungen genau zu bewerten. Eine der Grenzen der Studie besteht jedoch darin, dass es sich um einen einfachen Fragebogen handelt, der auf subjektiven Antworten zu den Arbeitsbedingungen und dem Gesundheitszustand basiert. Es ist daher nicht möglich, auf der Grundlage dieser Studie einen klaren Kausalzusammenhang zwischen beiden herzustellen.
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9. Hatte diese Studie irgendwelche Auswirkungen?
Diese Studie hat dazu beigetragen, das Bewusstsein für den Gesundheitszustand von Busfahrern und -fahrerinnen in der Schweiz zu schärfen. Dank dieser Ergebnisse konnten einige öffentliche Verkehrsunternehmen Maßnahmen ergreifen, um die Situation zu verbessern. Die Studie war ein wichtiger Schritt, um die beruflichen und gesundheitlichen Herausforderungen von Busfahrern und -fahrerinnen besser zu verstehen und anzuerkennen.
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10. Was ist Ihrer Meinung nach der nächste logische Schritt nach dieser Studie?
Wir haben das Problem wissenschaftlich aufgezeigt und in Fachartikeln veröffentlicht. Nun muss das Problem gelöst werden, indem seine Komponenten genauer untersucht werden, um die Ursachen und Folgen dieser Situation zu verstehen. Dafür ist es notwendig, diese Forschung mit einer strengeren Methodik zu vertiefen. Eine Kohortenstudie, also die langfristige Beobachtung einer Gruppe von Busfahrern und -fahrerinnen über mehrere Jahre, würde es ermöglichen, objektiv festzustellen, wie sich die Arbeitsbedingungen und ihre Entwicklung auf die Gesundheit und das Wohlbefinden am Arbeitsplatz auswirken. Kohortenstudien sind aufgrund ihres sehr strikten und regulierten Protokolls aufwendig, teuer und schwer durchzuführen. Aber genau das ist notwendig, um die Verzerrungen und Grenzen zu vermeiden, die bei einfachen anonymen Umfragen auftreten. In der Gesundheits- und Präventionsforschung sind prospektive Kohortenstudien der geforderte Standard.